Foto-Video-Fachbericht  (10. Juli 2014)

Schneckenbuntbarsche aus dem Tanganjikasee

Neolamprologus similis - Beobachtungen im Aquarium

Ihr ausgeprägtes Sozialverhalten und die zum Teil intensiven Farben sind sicherlich die Gründe, warum Buntbarsche (Cichliden) aus dem Malawi- und Tanganjikasee so beliebt sind und sie seit Jahrzehnten ihren festen Platz in der Aquaristik haben. Die meist relativ großen und teilweise aggressiven Buntbarsche aus dem ostafrikanischen Grabenbruch werden gerne mit Aquarien zwischen 300 und 1.000 Litern in Verbindung gebracht. Aber nicht alle dieser Cichliden benötigen so viel Platz. Es gibt einige Arten die man durchaus als Zwergbuntbarsche bezeichnen darf und die in Aquarien zwischen 80 und 120 Litern problemlos zu pflegen sind.

Die sogenannten „Schneckenbuntbarsche“ aus dem Tanganjikasee sind die vielleicht bekanntesten Zwergcichliden aus Ostafrika. Einige werden kaum größer als 4 bis 5 cm und im Vergleich zu ihren Verwandten aus dem Malawisee sind sie längst nicht so aggressiv. Der Name „Schneckenbuntbarsch“ ist allerdings keine wissenschaftliche Bezeichnung, sondern beschreibt lediglich eine Gruppe von Cichliden mit ähnlichem Verhalten.

Der „Breitstreifen-Schneckenbuntbarsch“ N. similis
Die ersten Schneckenbuntbarsche wurden 1979 (N. brevis und N. ocellatus) für den Zoofachhandel importiert.(1) Neolamprologus simils ist ein kleiner, relativ friedlicher Schneckenbuntbarsch, der 1989 von HEINZ BÜSCHER entdeckt wurde.(1) Die Art sieht Neolamprologus multifasciatus sehr ähnlich. Allerdings ist N. similis kontrastreicher gefärbt und die Streifen gehen bis zum Auge. Die Männchen werden ca. 5 cm groß und die Weibchen sind einen guten Zentimeter kleiner. Schneckenbuntbarsche werden in die beiden Gruppen der fakultiven oder obligatorschen Schneckenhausbrüter eingeteilt. Die obligatorischen Schneckenhausbrüter laichen nur in Schneckenhäusern ab. Bei den Fakultativen, wie beispielsweise Neolamprologus similis, kann es sowohl ein leeres Schneckenhaus als auch eine andere kleine Höhle sein.(2) Der bekannte Buchautor AD KONINGS berichtet in seinem Buch "Back to nature Handbuch für Tanganjika Buntbarsche" (Dähne Verlag) davon, dass N. similis in seiner natürlichen Umgebung überwiegend zwischen Geröll und kleinen Felsspalten lebt. Im Aquarium werden allerdings problemlos leere Schneckenhäuser als Versteck und Ablaichplatz angenommen.

Das Aquarium
Neolamprologus similis dürfte neben Neolamprologus multifasciatus mit einer maximalen Länge von gut 4 cm zu den kleinsten Schneckenbuntbarschen zählen. Für eine Gruppe von acht Tieren ist ein Aquarium mit den Standardmaßen von 80 x 40 x 40 cm oder 50 x 50 x 50 cm völlig ausreichend. Als Bodengrund sollte feiner Kies oder noch besser Sand verwendet werden. Da diese kleinen Buntbarsche Reviere bilden, kann man beispielsweise mit Hilfe von Lochsteinen Bereiche innerhalb des Aquariums abgrenzen. Da sie stark wühlen ist die Bepflanzung etwas schwierig. Grundsätzlich lassen sie aber als "Fleischfresser" jegliches Grün in Ruhe. Vallisnerien, die auch im Tangnajikasse vorkommen,(3) sowie Javafarn und Anubias eignen sich relativ gut. Sind die Reviere nun abgegrenzt, müssen ausreichend leere Schneckenhäuser auf dem Boden verteilt werden. Leere Schneckenhäuser sind in der freien Natur eine wertvolle Ressource z.B. für Einsiedlerkrebse und Schneckenbuntbarsche, da sie Schutz bieten. Auf dem Grund des Tanganjikasees findet man zahlreiche leere Häuser der Neothauma-Schnecke (Neothauma tanganyicensis oder Neothaum bicarinatum). Diese sind allerdings schwer zu beschaffen. Für Aquarianer eignen sich leere Weinbergschneckenhäuser, die man z.B. bequem über das Internet bestellen kann. Die Menge der Schneckenhäuser sollte deutlich über der Anzahl der Barsche liegen.

Wasserwerte
Das Wasser sollte leicht alkalisch (ph-Wert 7,5-9,5) und relativ hart (10-12°dGH) sein. Diese Werte entsprechen auch ungefähr denen des Tanganjikasees.(1) Die optimale Temperatur liegt bei 26°C.

Paarbildung und Zucht
Sobald die Fische im Aquarium sind fangen sie an, Reviere zu bilden. Insbesondere die Weibchen machen sich auf die Suche nach geeigneten Bereichen. Die Reviere sind allerdings kaum größer als zehn Quadratzentimeter. Das Imponiergehabe dieser Zwergbuntbarsche lässt sich hierbei gut beobachten. Die Fische stellen sich parallel zueinander und spreizen die Flossen. Es kommt dabei jedoch zu keinen ernsthaften Kämpfen oder Verletzungen. Schneckenbuntbarsche haben eine besondere Lebensweise und Fortpflanzungsbiologie, verbunden mit einer engen Bindung an Schneckenhäuser. Die leeren Schneckenhäuser werden als Wohnhöhle und zum Ablaichen vom Weibchen genutzt. Sie werden von den kleinen Barschen teilweise eingegraben oder so gedreht, dass nur noch eine kleine Öffnung zu sehen ist. Eindringlinge werden nicht akzeptiert. Selbst wenn sich z.B. eine Turmdeckelschnecke mal in einem leeren Schneckenhaus verirrt, wird sie sofort von den Buntbarschen mit dem Maul entfernt (siehe YouTube Film „Neolamprologus similis - Schneckenbuntbarsche aus dem Tanganjikasee“ von Sven Haustein). Dass die Schneckenhäuser auch von Männchen als Unterschlupf genutzt werden, konnte nicht beobachtet werden, eine Erfahrung, die auch bei anderen Autoren nachzulesen ist. Während die Weibchen die Reviere in Bodennähe untereinander ausmachen, legen die Männchen die Rangfolge im mittleren und oberen Bereich des Aquariums fest und bilden eine Art Bezirke über den Revieren. Auch hier kommt es nicht zum Beschädigungskampf. Es kann durchaus sein, dass ein Männchen sich mit mehreren Weibchen paart (polygame Lebensweise) und die entsprechenden Reviere mit verteidigt. Die Weibchen sind allerdings immer alleine in ihrem Territorium und dringen nicht in das eines anderen ein. Nach heftiger Balz kommt es dann zur Paarung und Eiablage im Schneckenhaus. Die Eier werden weit in das leere Schneckenhaus hineingelegt, so dass sie nicht zu sehen sind. Nach einigen Tagen schlüpfen zwischen 8 und 10 Junge und schwimmen dann über der Schneckenhausöffnung, in die sie bei Gefahr blitzschnell flüchten. Die Brutpflege übernimmt in erster Linie das Weibchen. Die Jungfische werden allerdings nicht geführt. Die Jungen bleiben relativ lange bei der Mutter und nach einigen Monaten leben mehrere Generationen (sog. „Etagenzucht“) in einem Revier zusammen. Da die Nachkommen das Revier nicht verlassen und bei Gefahr ins Schneckenhaus flüchten, lassen sie sich damit gut aus dem Aquarium in ein Aufzuchtbecken überführen. Dort kann man sie dann mit frisch geschlüpften Artemia-Nauplien aufziehen, die im Übrigen auch gerne von den Elterntieren gefressen werden. Generell ist Artemia gutes Lebendfutter, das neben Wasserflöhen und Trockenfutter (kleines Granulat) gerne gefressen wird. Auch Futter mit einem Spirulina-Anteil sollte gelegentlich angeboten werden.(1)

Weitere Bewohner im Schneckencichliden-Aquarium
Kleine Kuckuckswelse wie etwa Synodontis lucipinnis können gut mit Schneckencichliden vergesellschaftet werden. Im Vergleich zu anderen Synodontis-Arten lässt dieser Wels den Nachwuchs der Barsche in Ruhe und ist friedlich. Was auf keinen Fall fehlen sollte sind Schnecken wie beispielsweise Renn- und Geweihschnecken, die die Futterreste verwerten und somit für eine gute Wasserqualität sorgen.
Auch andere kleine Buntbarsche aus dem Tanganjikasee wie z.B. die „Prinzessin von Burundi“ (Neolamprologus brichardi) oder Julidochromis- und Paracyprichromis-Arten lassen sich gut mit Neolamprologus similis vergesellschaften. Da sich Neolamprologus multifasciatus mit N. similis kreuzen kann, sollte man sich hier für eine Art im Aquarium entscheiden. Bei der Vergesellschaftung von Buntbarschen ist außerdem darauf zu achten, dass man nicht unbedingt Fleischfresser (Carnivore) mit reinen Pflanzenfressern (Herbivore) zusammen hält. Man müsste bei der Fütterung Kompromisse eingehen, was in der Regel mittelfristig zu gesundheitlichen Problemen der Tiere führt. Tropheus-Cichliden eignen sich als Aufwuchs- und Pflanzenfresser z.B. nicht zu einer gemeinsamen Haltung mit Neolamprologus similis, da ihnen tierische Proteine schaden.(3)

Was Buntbarsche wie der hier beschriebene „Breitstreifen-Schneckenbuntbarsch“ (Neolamprologus similis) von vielen anderen Zierfischen unterscheidet ist sicherlich das ausgeprägte Sozialverhalten, welches Cichliden „intelligent“ wirken lässt. Als Aquarianer kann man seinen Schützlingen stundenlang zuschauen, ohne dass es langweilig wird. Schneckenbuntbarsche wie Neolamprologus similis haben außerdem den Vorteil, dass sie aufgrund der geringen Größe in überschaubaren Aquarien gehalten werden können und durch die „Symbiose“ mit dem leeren Schneckenhaus für jeden Zierfischliebhaber etwas ganz besonderes sind.

 
Text, Fotos und Video: Sven Haustein

 

Literaturnachweis (Quellen)
1) "Schneckencichliden" von Hans Hirsch (Bede Verlag)
2) "Schneckenbuntbarsch-Fibel" von Wolfgang Staeck (Dähne Verlag)
3) "Tanganjikaseecichliden" von Ralf Bauer (Bede Verlag)

 

Lamprologus oder Neolamprologus?
Bei der Frage, zu welcher Gattung der hier beschriebene Schneckenbuntbarsch (Lamprologus oder Neolamprologus) gehört, hat mich der bekannte Buchautor und Biologe Dr. Wolfgang Staeck beraten, dem ich an dieser Stelle recht herzlich danken möchte. Die derzeit korrekte Bezeichnung lautet wohl „Neolamprologus similis“ (siehe auch die beiden Standardwerke zur Systematik "CAS Catalog" und "Fishbase"), wobei die Abgrenzungen und Definitionen der beiden Gattungen, laut Dr. Wolfgang Staeck, einige Schwächen aufweisen.

 

HD-Video auf YouTube:

"Neolamprologus similis -
Schneckenbuntbarsche aus dem Tanganjikasee"
      

http://www.youtube.com/watch?v=IAhlfXuqGSk

Kurzbeschreibung des Films: Ein knappes Jahr lang hat Sven Haustein seine Schneckenbuntbarsche intensiv im Aquarium beobachtet und das interessante Verhalten dieser ostafrikanischen Cichliden gefilmt und fotografiert. Aus gut 20 Stunden Rohmaterial ist dann dieser 10-Minuten-Film entstanden, der auch Grundlage für den oben stehenden Fachbericht war. Er zeigt das ausgeprägte Sozialverhalten dieser relativ kleinen Fische, die anfänglich Reviere bilden und diese gegen Eindringlinge verteidigen. In einer Szene ist zu sehen, wie ein Buntbarsch eine Turmdeckeschnecke aus einem leeren Schneckenhaus regelrecht rausschleudert und sein Territorium gegen jegliche Aquarienbewohner verteidigt. Dann kommt es zur Paarbildung und schließlich zur Eiablage im Schneckenhaus. Die geschlüpften Jungfische werden im Revier der Mutter bewacht. Am Ende des Beitrags ist zu sehen, wie mehrere Jungfisch-Generationen zusammen leben und sich bei Gefahr ins leere Schneckenhaus zurückziehen. Der Film zeigt insgesamt das typische Verhalten von Neolamprologus similis, wie es in vielen Fachberichten und Büchern beschrieben wird.

 


 

Dieser Bericht ist in der Verbandszeitschrift des Verbandes Deutscher Vereine für Aquarien- und Terrarienkunde e.V. (VDA) "VDA-aktuell" in der Ausgabe 3-2014 (S. 13-15) im Juli 2014 erschienen.

 

      


Männchen (vorne) und Weibchen von Neolamprologus similis aus
dem Tanganjikasee in Ostafrika.

 

Die Buntbarsche bleiben mit ca. 4 cm Körperlänge relativ klein.
HEINZ BÜSCHER entdeckte die Art 1989.

 

Neolamprologus similis nutzt Schneckenhäuser als Versteck
und Ablaichplatz.

 

Drohgebärde bei Neolamprologus similis. Gut zu erkennen sind
die Zähne am Unterkiefer.

 

Die Männchen schwimmen in der Wassermitte während sich die Weibchen
in Bodennähe aufhalten.

 

Neolamprologus similis im Portrait.

 

Die Weibchen (oben) bleiben gut einen Zentimeter kleiner als
die Männchen.

 

Zwei Weibchen beim "friedlichen" Kampf um ein Revier.

 

Die Weibchen nutzen das Schneckenhaus als Schutz und Ablaichplatz.
Leere Weinberg-Schneckenhäuser eignen sich sehr gut.

 

Irgendwann zweigen sich die Jungfische, die in der Nähe des
Schneckenhauses bleiben und bei Gefahr hinein schwimmen.

 

Die Jungfische bleiben sehr lange im Revier der Mutter.

 

Nach wenigen Monaten erkennt man die Querstreifen.

 

Welse aus dem Tanganjikasee in Afrika: Synodontis lucipinnis verträgt
sich gut mit Schneckencichliden.