Allgemeiner Fachbericht  (23. Februar 2018)

Warum nicht mal Schneckenbuntbarsche…?

Unterschiedliche Verhaltensmerkmale bei Haltung und Zucht im Aquarium

Ihr interessantes Sozialverhalten machen Schneckenbuntbarsche aus dem Tanganjikasee bei Aquarianern so beliebt und aufgrund ihrer geringen Größe lassen sich einige Arten in überschaubaren Behältern pflegen. Im Gegensatz zu den kleineren Buntbarscharten aus Südamerika können diese afrikanischen Zwergcichliden bis zu acht Jahre alt werden, also deutlich älter als Apistogramma und Co.

Viele Schneckencichliden der Gattungen Lamprologus und Neolamprologus werden kaum größer als 5 cm. Je nach Art laichen die Fische entweder nur in Schneckenhäusern oder alternativ auch in kleinen Höhlen ab. Sie werden deshalb den „Höhlenbrütern“ zugeordnet. Bei der Brutpflege und im Verhalten unterscheiden sich die aus dem ostafrikanischen Tanganjikasee stammenden Buntbarsche allerdings deutlich voneinander, was bei der Aquariengröße und Einrichtung beachtet werden muss.

Aquariengröße und Einrichtung
Interessanterweise sind es die etwas kräftigeren und größeren Schneckenbuntbarsche, wie Neolamprologus similis oder Neolamprologus brevis, die sich eher für kleinere Becken eignen, als die zierlichen Arten wie beispielsweise Lamprologus signatus. Am Beispiel von Neolamprologus similis und Lamprologus signatus (Synonym Neolamprologus signatus) soll das im Folgenden deutlich werden.

Der „Breitstreifen-Schneckenbuntbarsch“ N. similis
Die ersten Schneckenbuntbarsche (N. brevis und L. ocellatus) wurden 1979 für den Zoofachhandel importiert (HIRSCH 2006). Neolamprologus simils ist ein relativ friedlicher Schneckenbuntbarsch, der 1989 von HEINZ BÜSCHER entdeckt wurde (HIRSCH 2006). Die Art sieht Neolamprologus multifasciatus ähnlich. Allerdings ist N. similis kontrastreicher gefärbt und die Streifen gehen bis zum Auge. Die Männchen werden ca. 5 cm groß und die Weibchen sind ungefähr einen Zentimeter kleiner. Bei N. similis beanspruchen die Weibchen ein überschaubares Revier von ungefähr 25 x 25 cm, das sie gegen Eindringlinge verteidigen. Wichtig ist, dass es mit einem Sichtschutz aus Pflanzen oder Steinen abgegrenzt wird. Man kann in einem Aquarium von z.B. 80 x 40 x 40 cm (L x B x H) durchaus drei Weibchen mit zwei Männchen halten. N. similis zählt zu den fakultativen Brütern, die sowohl in Höhlen als auch in Schneckenhäusern laichen (STAECK 2010), im Gegensatz zu z.B. N. brevis, die ihre Eier ausschließlich in Schneckenhäusern ablegen (obligatorische Brüter) mit der weiteren Besonderheit, dass sich Männchen und Weibchen dieser Art ein Schneckenhaus teilen. Der Name „Schneckenbuntbarsch“ ist also keine wissenschaftliche Bezeichnung. Er beschreibt lediglich eine Gruppe von Cichliden mit ähnlichem Verhalten.

N. similis sind untereinander verträglich und es kann durchaus sein, dass ein Männchen sich mit mehreren Weibchen im Aquarium paart (polygame Lebensweise), die jeweils in einem eigenen Revier in Bodennähe leben. Die Art ist ähnlich wie N. multifasciatus nicht sehr produktiv. Oftmals sind es nur sechs bis acht Jungfische, die pro Eiablage schlüpfen. Die Jungen bleiben recht lange im überschaubaren Revier der Mutter und leben dort mit mehreren Jungfisch-Generationen zusammen. Man spricht hier von der sogenannten „Etagenzucht“. Das Männchen spielt bei der Brutpflege eine eher untergeordnete Rolle und hält sich im mittleren Bereich des Aquariums auf.

Der „Vielfachgebänderte Tanganjikabuntbarsch“ L. signatus
Lamprologus signatus unterscheidet sich in vielen Verhaltensmerkmalen deutlich von Neolamprologus similis. Obwohl die Art recht klein und zierlich ist, benötigt sie deutlich mehr Platz. Beide Geschlechter werden bis zu 5 cm groß, unterscheiden sich aber grundlegend in Struktur und Farbgebung. Die Männchen sind mit ca. einem Dutzend dunkler Querstreifen ausgestattet, die bei den Weibchen komplett fehlen. Die auf den ersten Blick farblos wirkenden weiblichen Fische weisen allerdings interessante Farbschimmer auf, je nachdem wie sie vom Licht angestrahlt werden.

Im Gegensatz zu Neolamprologus similis wechseln diese Buntbarsche gelegentlich den Standort und haben kein festes Revier. Nach der Eiablage bettet das Weibchen die geschlüpften Jungfische von Zeit zu Zeit in ein anderes Schneckenhaus oder Höhle um. Für dieses typische Verhalten braucht diese Art Platz; insbesondere dann, wenn man mehrere Pärchen in einem Aquarium pflegen möchte. Ein kleines Becken mit abgegrenzten Revieren wie bei N. similis funktioniert nicht. L. signatus hält man am besten in einem größeren Aquarium mit anderen friedlichen Arten, die unterschiedliche Wasserregionen bewohnen, oder paarweise im Artenbecken wie es KONINGS (1996) empfiehlt. Hinzu kommt, dass L. signatus relativ produktiv ist. Pro Eiablage können durchaus 40 Jungfische schlüpfen, die viel Platz brauchen und nicht wie N. similis in einem kleinen Revier leben. Die Brutpflege wird eher oberflächlich vom Weibchen und Männchen übernommen, was bei N. similis (Weibchen) deutlich intensiver zu beobachten ist (HAUSTEIN 2014). Wichtig ist, dass ausreichend leere Schneckenhäuser in das Aquarium eingebracht werden; es sollten mindestens dreimal so viele wie Fische sein.

Aufgrund ihres Sozialverhaltens wirken die miteinander im Verhalten vergleichbaren Arten L. signatus und L. kungweensis schwimmfreudiger als N. similis oder N. multifasciatus. Zur Schwimmfreudigkeit findet man in der Literatur allerdings unterschiedliche Aussagen. KLAAS (2017) beschreibt L. signatus als weniger aktiv, was bei den hier beschriebenen Exemplaren nicht der Fall gewesen ist. Es ist also zu vermuten, dass Beckengröße, Einrichtung und Besatz im Aquarium das Verhalten dieser kleinen Buntbarsche möglicherweise beeinflussen kann.

Ein Großteil der Buntbarsche aus dem Tanganjikasse ist gegenüber Artgenossen oder auch anderen Aquarienbewohnern längst nicht so aggressiv wie manche ihrer Verwandten aus dem Malawisee. Allerdings war in einem 200 Liter Aquarium zu beobachten, in dem jeweils sechs N. brevis und L. signatus lebten, dass der relativ zierliche L. signatus von dem recht kräftigen N. brevis mit der Zeit verdrängt wurde (HAUSTEIN 2016). Ähnliches war auch in einem kleineren Becken zu beobachten, in dem sich N. brevis gegen N. similis durchgesetzt hat. Gründe hierfür sind nicht nur die körperliche Überlegenheit von N. brevis, sondern auch die stärkere Ausprägung bei der Revierbildung und Brutpflege.

Lamprologus oder Neolamprologus?
Bei der Frage, zu welcher Gattung die hier beschriebene Schneckenbuntbarsche gehören, hat der bekannte Biologe DR. WOLFGANG STACK den Autor dieses Fachberichts beraten, dem an dieser Stelle recht herzlich gedankt sei. Die derzeit korrekte Bezeichnung lautet wohl „Lamprologus signatus“ und „Neolamprologus similis“ (siehe auch die beiden Standardwerke zur Systematik "CAS Catalog" und "Fishbase"), wobei die Abgrenzungen und Definitionen der beiden Gattungen, laut STAECK, einige Schwächen aufweisen. In der einschlägigen Literatur findet man insbesondere bei dem „Vielfachgebänderte Tanganjikabuntbarsch“ häufig die Bezeichnung Neolamprologus signatus.

Wasserwerte, Pflanzen und Futter
Neben den genannten Unterschieden, insbesondere im Revier- und Brutverhalten, gibt es auch viele Gemeinsamkeiten. Beide Arten bevorzugen Lebendfutter. Artemia eignet sich hervorragend für junge als auch ausgewachsene Fische. Das Wasser sollte leicht alkalisch (ph-Wert 7,5-9,5) und relativ hart (10-12°dGH) sein. Die optimale Temperatur liegt bei 26°C. Diese Werte entsprechen ungefähr denen des Tanganjikasees (HIRSCH 2006), der von der Umweltstiftung Global Nature Fund als „Bedrohter See des Jahres 2017“ ausgerufen wurde (Quelle: Wikipedia). Falls Pflanzen im Aquarium gewünscht sein sollten eignen sich Vallisnerien, die auch im Tanganjikasee zu finden sind (BAUER 2007), sowie Anubias oder Java-Farn.

Geeignete Mitbewohner im Schneckenbuntbarsch-Aquarium
Grundsätzlich kann die Art mit friedlichen Buntbarschen vergesellschaftet werden, deren Ernährungsgewohnheiten zusammen passen (Carnivore). In größeren Aquarien eignen sich kleine Welse wie z.B. Synodontis lucipinnis, die im Tanganjikasee vorkommen. Damit auf den Boden sinkende Futterreste nicht verderben, sind Schnecken zu empfehlen. Langlebige Arten wie z.B. Geweih- (Clithon diadema) oder Rennschnecken (Neritina puligera) sind ebenso wie Turmdeckelschnecken geeignet.

 
Text und Fotos: Sven Haustein

 
Literatur
BAUER, R. (2007): Tanganjikaseecichliden. Bede-Verlag.
HAUSTEIN, S. (2014): Neolamprologus similis - Beobachtungen im Aquarium. VDA-aktuell (3-2014)
HAUSTEIN, S. (2016): Ein außergewöhnlicher Schneckencichlide im Aquarium. DCG-Informationen (6/2016)
HIRSCH, H. (2006 ): Schneckencichliden. Bede-Verlag.
KLAAS, W. E. (2017): Schneckenbuntbarsche - Kobolde des Tanganjikasees
KONINGS, A. (1996): Back to Nature Handbuch für Tanganjika Buntbarsche. Dähne Verlag
STAECK, W. (2010 ): Schneckenbuntbarsch-Fibel. Dähne Verlag.

 


 

Dieser Bericht ist in dem aquaristischen Fachmagazin AMAZONAS (Natur- und Tierverlag GmbH, ISSN 1861-2202) Nr. 76 (ISSN 1861-2202) Ausgabe März/April 2018 (S. 30-34) erschienen.

 

      


Die Männchen von Lamprologus signatus kann man optisch aufgrund ihrer
Querstreifen gut von den Weibchen unterscheiden.

 

Die Signatus-Weibchen zeigen in der Bauchregion einen goldenen bis
grün-blauen Metallglanz.

 

Die Augenpartie von Lamprologus Ocellatus ist ähnlich wie bei L. signatus.
Die Art ist jedoch größer und kräftiger.

 

Neolamprologus brevis ist ein relativ dominanter Schneckenbuntbarsch,
der mitunter andere Arten verdrängt.

 

Lepidiolamprologus boulengeri wird nicht so häufig im Handel angeboten.

 

Neolamprologus similis beim "friedlichen" Kampf um ein Revier.

 

Neolamprologus similis im Schneckenhaus.

 

Wenige Wochen alte Jungfische von Lamprologus signatus.

 

Die Jungfische von Neolamprologus similis bleiben lange im Revier der Mutter.